Markt rechnet mit Produktionsanhebung - So reagiert der Heizölpreis vor dem Wochenende

15. Juni 2018, Nicola Bergau

Markt rechnet mit Produktionsanhebung. Heizoelpreis steigt.

Gestern war es der Devisenmarkt, der die größten Auswirkungen auf den Heizölpreis hatte. Die EZB verkündete, den Leitzins auch 2019 nicht zu verändern. Der Euro fiel deutlich und hielt die Preisabschwünge am Ölmarkt auf. Wir erklären, womit Heizölkäufer vor dem Wochenende rechnen sollten.

Ölpreisentwicklung – Wichtiges auf einen Blick

  • Produktionsausfall in Libyen
  • Russland und Saudi-Arabien wohl über Produktionssteigerungen einig
  • EZB hält an lockerer Geldpolitik fest
  • Brent bei 75,88 US-Dollar / ICE-Gasoil bei 659,50 US-Dollar
  • Euro fällt auf 1,1591 US-Dollar
  • Heizölpreis steigt auf 69,79 Euro / 100


Wesentliche Einflussfaktoren auf die aktuelle Ölpreisentwicklung

 Produktionsausfall in Libyen
Bestandsabbauten bei US-Öl laut DOE
 IEA schätzt Angebotslage etwas knapper ein
 Uneinigkeit innerhalb der OPEC zu Produktionssteigerungen
 Nordkorea bekennt sich zu Denuklearisierung
 Force Majeure auf Öllieferungen aus Venezuela
 Drohende US-Sanktionen gegen Venezuela
 USA kündigen harte Sanktionen gegen Iran an

 Russland und Saudi-Arabien produzieren mehr Öl
 US-Strafzölle auf europäische Stahl und Aluminium 
 OPEC-Produktion könnte schon im Juni steigen

 

Aktuelle Ölpreise an der Londoner Warenterminbörse ICE:

Der Kurs der europäischen Referenzölsorte Brent notierte am Morgen bei 75,88 US-Dollar. Der Vergleichswert von Donnerstag betrug noch 76,46 US-Dollar, der Schlusspreis für Donnerstag wurde bei 75,94 US-Dollar festgesetzt.

ICE Gasoil, der maßgebliche Indikator für den inländischen Heizölpreis, stand am Morgen bei 659,50 US-Dollar. Der Vergleichswert am Donnerstag lag bei 667,50 US-Dollar, während der Schlusspreis am Donnerstag bei 660,75 US-Dollar stand.
 

 

Heizölpreisentwicklung der letzten 30 Tage Stand: 15.06.2018 // Alle Angaben ohne Gewähr

Alle Angaben ohne Gewähr. Weitere aktuelle Notierungen finden Sie täglich neu auf unserer Heizölpreisseite.
 

Die Preisentwicklung im Überblick

Grundsätzlich stand der gestrige Tag im Zeichen von Preisabschwüngen. Insbesondere nach dem WM-Eröffnungsspiel wurde deutlich, dass sich Russland und Saudi-Arabien in Sachen Produktionssteigerung wohl einig sind. Vorausgesetzt, der Rest der OPEC stellt sich beim Treffen am 22. Juni nicht quer, gilt für den Markt die Anhebung der Förderquoten als ausgemacht.

Der deutlich nachgebende Eurokurs nach der EZB-Entscheidung zum Leitzins dämpfte anschließend das Kaufinteresse zusätzlich, sorgte aber gleichzeitig auch dafür, dass die eigentlichen Preisnachlässe für Käufer außerhalb der Dollarzone minimiert wurden. Die Meldungen aus Libyen, dass aufgrund bewaffneter Überfälle die Produktion um 240.000 B/T sinken würde, hatte da fast keinen Einfluss mehr.
 

Entwicklung Eurokurs

Am Eurokurs hängt heute Morgen fast alles, ist er doch sichtbar gefallen. Kostete die Gemeinschaftswährung zum gestrigen Tagesstart noch 1,1814 US-Dollar, notierte sie heute Morgen bei 1,1591 US-Dollar, die Tendenz ist fallend. Die EZB legte den Referenzpreis für Donnerstag auf 1,1730 US-Dollar fest.

Die Europäische Zentralbank ist es auch, die für den Verlust verantwortlich ist. Sie verkündete gestern überraschend, den Leitzins noch wenigstens bis Sommer 2019 unverändert zu lassen – also bei null Prozent. Damit wurden alle Anleger enttäuscht, die davon ausgingen, dass die lockere Geldpolitik bald ein Ende haben könnte.

Auch die Hoffnung, dass der Anleihenkauf wenigstens schon im Herbst 2018 vorbei sei, wurde zunichte gemacht. Die EZB will dieses Programm noch wie bereits durchgesickert bis Dezember laufen lassen.

Mit der Entscheidung fiel der Euro auf einen Tiefstand wie im Mai – und das kalkuliert von Seiten der Währungshüter. Denn sie wollen verhindern, dass der Euro zu schnell gewinnt und durch Zins-Hoffnungen mit spekulativen Werten aufgepumpt wird. Ist der Euro nämlich zu stark, wird es für die Volkswirtschaften, die als Exportweltmeister gelten, ziemlich schwer, ihre Waren loszuwerden – zumal Handelszölle dieses Problem momentan noch erschweren.

Für Heizölkäufer ist dies aber kein Trost, schließlich wird Öl immer in Dollar gehandelt und dementsprechend erheblich teurer, wenn auch der Eurokurs erheblich fällt.
 

Im Detail: Einflussfaktoren am Markt und in der Politik

  • Russland und Saudi-Arabien sind sich offenbar einig
  • Libyen meldet Produktionsausfälle aufgrund von Angriffen
     

Russland gewinnt Eröffnungsspiel – und die Ölverhandlungen?

Wie wir schon gestern berichteten, hatte das Eröffnungsspiel der Fußball-WM auch für den Ölmarkt eine erhebliche Bedeutung. Denn die beiden Kontrahenten auf dem Platz hießen Saudi-Arabien und Russland. Und auf den Tribünen verhandelten deren Staatsführer gleichzeitig über die Zukunft des Kürzungsdeals der OPEC sowie die Produktionssteigerungen beider Länder.

Dabei scheint es zu einer Einigung gekommen zu sein: Der russische Energieminister ließ verlauten, dass eine schrittweise Anhebung der Ölproduktion zu befürworten sei. Er nannte Zahlen und sprach von einer Steigerung um 1,5 Mio. B/T ab Juli. Sein saudischer Amtskollege nannte solche Zahlen jedoch nicht und zeigte sich in seinen Worten eher diplomatisch-unbestimmt: eine Einigung werde es sicher geben, doch vor allem solle der Markt zufrieden gestellt werden.

In diesen Worten zeigt sich wieder einmal, dass Russland die eigentliche treibende Kraft hinter diesem Vorgehen ist, während sich Saudi-Arabien eher als Wortführer der OPEC positioniert. Denn andere Mitglieder von Kürzungsdeal und Ölkartell halten wenig vom vorzeitigen Beenden der Kürzungen.

Gerade kleinere Produzenten können ihre Produktion weder deutlich steigern, noch in der Folge Preisnachlässe mit mehr Angebot kompensieren. Sie haben also das wirtschaftliche Nachsehen. Russland als größter Ölproduzent der Erde und Saudi-Arabien als größter Produzent der OPEC haben diese Probleme nicht.

 Für Russlands Staatsführer Putin ist ein Barrelpreis um die 60 Dollar schon lange die eigentliche Wunschmarke, sieht er doch bei zu hohen Preisen erhebliche Absatzprobleme auf dem Markt. Dieser Gedanke ist sicher nicht falsch, steht aber dem Wunschpreis der OPEC entgegen. Hier sind Zahlen um die 80 Dollar sehr gern gesehen – und waren (zumindest unterschwellig) ein erklärtes Ziel des Kartells.

Nimmt man die Gewichtigkeit beider Länder, scheint das OPEC-Treffen am 22. Juni, bei dem das Schicksal des Kürzungsdeals auf der Agenda steht, fast nur noch Makulatur. Die Hauptakteure sind sich einig – und werden andere Länder möglicherweise mehr oder minder deutlich überzeugen, dass sie mitziehen.

Russland hat hierzu durchaus die Macht, schließlich könnte es sich genauso gut einseitig aus dem Deal verabschieden und als offener Kontrahent der OPEC die Preise aktiv drücken. Dem Kartell ist aber an der Zusammenarbeit mit Russland mehr als gelegen, um den anderen Marktgegner USA stärker in die Schranken zu weisen.

Dabei zeigen sowohl Russland als auch Saudi-Arabien längst, dass es wohl keinen anderen Weg als Produktionssteigerungen gibt. Beide Länder haben in den vergangenen Wochen ihre Förderquoten bereits erhöht – um zu testen, ob sie für die „offizielle“ Anhebung vorbereitet sind, wie sie sagten. Der Protest anderer Dealmitglieder war daraufhin zwar deutlich. Doch die Frage bleibt: Was haben sie entgegenzusetzen?
 

Libyen meldet Angriff auf Exporthäfen

Bewaffnete Gruppen haben offenbar die wichtigsten libyschen Exporthäfen Es-Sider und Ras Lanuf angegriffen und dadurch die Verladung von Öltankern erheblich beeinflusst. Aufgrund der Angriffe sinkt die Tagesproduktion um 240.000 Barrel und es gibt keine Hinweise, wann die entstandenen Schäden behoben sind. Die Ausmaße sind deutlich: Mit dem Ausfall der Häfen sinkt die Tagesproduktion Libyens um 25 Prozent.
 

Heizölpreisentwicklung

Eine 3.000 Liter Standard Lieferung kostet aktuell im bundesweiten Durchschnitt rund 69,79 Cent pro Liter Heizöl. Am Donnerstag waren es 69,09 Cent.

Momentan lautet unser wichtigster Tipp für den Heizölkauf: Machen Sie sich möglichst schnell von allen Marktmechanismen und Kehrtwenden unabhängig – und nutzen Sie das heutige Preisniveau für den Heizölkauf insbesondere dann, wenn sich der Tank leert.

Gerade der Einfluss des Euros zeigt heute, dass die Anzahl unsicherer Markfaktoren und kurzfristiger Gegentendenzen momentan so hoch ist, dass sich Vorhersagen innerhalb kürzester Zeit erledigen können. Zwar weiß niemand wie lange und in welchem Umfang, aber genau das ist momentan das Problem für Heizölkäufer. Wenn Sie sich heute zum Kauf entscheiden, können Ihnen die Entwicklungen der nächsten Monate vollkommen gleich sein – und Sie holen die Tankanzeige aus dem roten Bereich.

Nicola Bergau - Leiter Onlinehandel

Der Ölmarkt und der Euro-Dollar-Kurs bestimmen Ihren Heizölpreis. Die Märkte bieten täglich Überraschungen. Wir liefern Ihnen die Hintergrundinformationen.

kontakt-heizoelnews@total.de

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