Monatsrückblick Juni 2020: Unsicherheit zur Pandemie bestimmt Ölpreisentwicklung

Heizölmonatsbericht Juni 2020

Jede neue Lockerung der Pandemievorkehrungen brachte im Juni eine steigende Ölnachfrage mit sich. Doch hohe Neuinfektionsraten und Fragen zum Fördervolumen zeigten deutlich: Die Krise ist noch längst nicht überstanden. Dementsprechend unsicher zeigten sich auch die Rohölpreise.

Im Überblick: das Öljahr 2020

  • Januar: Handelsstreit, Spannungen im Nahen Osten und Virusangst sorgen für Ausnahmezustand
  • Februar: Covid-19 breitet sich auf der Welt aus, OPEC+ ringt um Kürzungen
  • März: Covid-Pandemie und Preiskrieg schicken Schockwellen durch den Markt
  • April: Pandemie sorgt für negative Ölpreise und Rekordkürzungen
  • Mai: Pandemielockerungen und Förderkürzungen befeuern Ölnachfrage

 

Kompakt informiert: die wichtigsten Entwicklungen im Juni 2020

  • Beständig hohe Neuinfektionszahlen vs. Lockerungen: Suche nach dem Corona-Kompass
  • OPEC+-Kürzungen: hohe Quotentreue und vorsichtige Verlängerungen

Die Heizölpreisentwicklung im Juni 2020 im Überblick // Alle Angaben ohne Gewähr // © TOTAL

 

Hatte sich zum Ende des Vormonats noch eine sehr vorsichtige Euphorie angesichts zahlreicher Lockerungen von Pandemiemaßnahmen breitgemacht, drehte sich der Wind im Juni zusehends. Zwar wurde weiter gelockert, die Ölnachfrage stieg konsequenterweise wieder an.

Doch mit jedem neuen Tag wurden auch neue Rekorde in Sachen Neuinfektionen gemeldet – vorrangig aus den USA. Hier hatte man bis zuletzt darauf bestanden, keinen zweiten Lockdown auszurufen, auch wenn inzwischen wieder rigorosere Maßnahmen auf Bundesstaatenebene umgesetzt werden.

Dieses unsichere Navigieren zwischen wirtschaftlicher Öffnung und Pandemieeindämmung drückte sich auch deutlich auf dem Ölmarkt und in der Ölpreisentwicklung aus: Diese stand im Juni ganz im Zeichen täglicher Korrekturen und Neubewertungen.

Gleichzeitig weckte auch China böse Erinnerungen an den Beginn der Pandemie. Auch hier kam es zu einer hohen Zahl an Neuinfektionen, in Peking wurden zahlreiche Märkte und Schulen wieder geschlossen. Noch hat die chinesische Wirtschaft ihren entscheidenden Appetit auf Öl nicht wieder verloren, doch auch hier sieht der Markt klare Möglichkeiten einer schlimmen zweiten Welle.

Abseits jeder Infektionsunsicherheit wurde im Juni jedoch auch klar, dass die OPEC+-Gruppe ihren Anteil an der Preisstabilisierung inzwischen ernst nimmt. Die Quotentreue bei den Förderkürzungen lag weit über den sonstigen Werten, die derzeitigen Maßnahmen wurden um einen Monat verlängert – und weitere Kürzungen sind immer noch Thema.

 

OPEC+-Deal: kürzen, analysieren, neubewerten

Es ist durchaus eine Besonderheit, dass die OPEC+-Gruppe sich bei ihrem außerordentlichen virtuellen Treffen im Juni nur auf eine einmonatige Verlängerung der derzeitigen Kürzungsanstrengungen geeinigt hat. Überraschend war auch, dass Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate ihre höheren, freiwilligen Zusatzkürzungen zurücknahmen, während Mexiko komplett ausstieg.

Was Analysten sofort als „schwachen Kompromiss“ werteten, hat bei näherer Betrachtung jedoch Methode: Zum einen erhöhen die zurückgenommenen Zusatzkürzungen den Druck auf die anderen OPEC+-Mitglieder, ihre Quoten endlich einzuhalten. Solange die Großen kürzen und sich der Ölpreis dadurch stabilisiert, gibt es für kleinere Mitglieder schließlich wenig Anreiz, sich zu beteiligen.

Auf der anderen Seite ist ein Zeithorizont von einem Monat zwar kurz, in der momentanen Lage jedoch der gangbarste Weg. Es gibt nun einmal keine Möglichkeit, die Entwicklung der Pandemie und damit der Ölnachfrage vorherzusagen. Es ist also eine sinnvolle Marktstrategie, zum Ende des derzeitigen Vereinbarungszeitraums noch einmal zusammenzukommen und über weitere Maßnahmen zu beraten.

Sobald man die Vereinbarung mit etwas Abstand betrachtete, zeigte sich schnell, dass die Strategie bisher aufgeht. Die Quotentreue bei den Förderbeschränkungen lag laut OPEC bei 87 Prozent, Länder wie Irak kündigten weitere Kürzungen und Exportbeschränkungen an. Wer bisher nicht gekürzt hatte, legte (erstmals) eigene Pläne vor.

 

Pandemieentwicklung: positivere Prognosen für den Ölmarkt, aber …

Es steht außer Frage, dass die Lage an den Märkten derzeit freundlicher ist als noch vor einem Monat. Weltweite Pandemielockerungen sowie die Kürzungen schieben die wirtschaftliche Entwicklung und den Ölpreis wieder an. Auch wenn es erschreckende Nachrichten aus den USA oder China gibt, haben viele Länder das Virus momentan unter Kontrolle.

Diese Stimmung schlug sich auch in den Monatsberichten von EIA, OPEC und IEA nieder, die zumindest für die zweite Jahreshälfte einen höheren Ölpreis als Folge eines geringeren Angebots und größerer Abnahmemengen sahen. Die Hoffnung darauf ist spürbar, denn Angaben zu einer höheren Fördermenge von Nicht-OPEC-Ländern blieben bisher unbeachtet.

Die US-Schieferölproduktion ist offensichtlich darauf erpicht, wieder vollends von der Leine gelassen zu werden. Die wöchentlichen Berichte zu den Bestandsveränderungen spiegelten dies deutlich wider. Die Raffinerieauslastung stieg, das Fördervolumen ebenso. Doch trotz steigender Benzinnachfrage blieben die Lager übervoll – und der erste Schieferölpionier hat Insolvenz angemeldet.

Mit den erneut ausgerufenen Lockdowns dürften die Bestandsberichte in den kommenden Wochen noch intensiver analysiert werden, steht doch zu befürchten, dass das zwischenzeitliche Aufatmen dieses Industriezweigs mehr als voreilig war. 

Ähnliche Fragen stellten sich auch in China, wo erneute Schließungen einzelner Bereiche die Sorge um die zweite Welle überhaupt erst schürten. Zudem machte gerade China deutlich, dass selbst bei einer Erholung der Nachfrage einige Ölprodukte über Jahre hinaus unattraktiv bleiben werden und damit die gesamte Struktur des Ölmarkts verändern könnten.

Flugzeugtreibstoffe dürften zu einer weniger gefragten Ware werden und die Ölproduktion langfristig vor Probleme stellen. Denn Raffinerien können die Produktion nicht ohne Weiteres einstellen. Zwischenzeitlich wurden auch noch verwirrende Meldungen zum US-chinesischen Handelskrieg öffentlich – auch dieses Thema ist offenbar noch lange nicht vom Tisch.

 

Weitere News in Kürze

  • Bürgerkrieg in Libyen: Ölfelder beständig zwischen Abschaltung und Neustart
  • Flugzeugstreit: USA erwägen neue Strafzölle gegen die EU
  • Russland will Schieferölproduktion nach US-Vorbild ausbauen
  • Iran erlässt Haftbefehl gegen Trump – Spannungen könnten wieder zunehmen

 

Was auf dem Ölmarkt im Juli 2020 wichtig bleibt

Alle für den Ölmarkt sonst wichtigen Indikatoren – von Bestandsveränderungen über Nachfrageprognosen bis zu Kürzungsquoten – werden auch im Juli immer entlang der Pandemie bewertet werden.

Es ist zu früh, auch nur die kleinste Einschätzung zur möglichen zweiten Welle zu geben und daraus Auswirkungen auf die Ölpreisentwicklung abzuleiten. Das geht derzeit wie kaum jemals zuvor nur tagesaktuell. Deshalb stehen wir Ihnen wie immer mit unseren täglichen Heizölnews zur Seite und liefern Ihnen neutrale Daten zur Ölpreisentwicklung auf unserer Heizölpreisseite.

Bleiben Sie gesund und sicher.