Jahresrückblick 2019: US-Politik als Taktgeber für die Ölpreise

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Nach einer selbstbewussten ersten Jahreshälfte auf den Ölmärkten zeigte sich zur Jahresmitte ein klarer Bruch. Gerade die Langzeiteffekte der politischen Handlungen der USA wurden immer wichtiger und trieben den Markt in die Unsicherheit. Wir analysieren für Sie ein turbulentes Öljahr 2019.

Im Überblick: das Öljahr 2019

  • Januar: Politische und wirtschaftliche Unsicherheit treibt Kurse vor sich her
  • Februar: Bessere Konjunkturerwartungen treiben den Heizölpreis an
  • März: USA und OPEC bringen sich stärker in Position – neue Preishochs
  • April: Markt beharrt auf preissteigender Stimmung
  • Mai: Aktuell knappes Ölangebot trifft auf Angst vor Abschwung
  • Juni: Langzeitentwicklungen lösen akute Themen als Markttreiber ab
  • Juli: Welt und Märkte reagieren auf pessimistische Prognosen zur Konjunktur
  • August: Handelsstreit zwischen USA und China im Mittelpunkt
  • September: Angriffe auf saudische Ölanlagen rütteln Markt auf
  • Oktober: stabile Preise trotz pessimistischer Stimmung
  • November: schwerer Weg zur Einigung im Handelsstreit
  • Dezember: OPEC kürzt mehr, erste Phase im Handelsabkommen – Markt lässt Preise von der Leine

 

Kompakt informiert: die wichtigsten Entwicklungen 2019

  • Langer Weg zu einer Lösung im Handelsstreit
  • USA und OPEC positionieren sich als Kontrahenten auf dem Ölmarkt
  • Sanktionen gegen Venezuela und Iran untermauern Stoßrichtung der USA
  • Frage nach der Konjunktur im Mittelpunkt
  • Angriff auf saudische Ölproduktion zeigt Fragilität der Branche
  • Eurokurs: Brexit oder kein Brexit?

Es gibt sicherlich kaum ein Jahr, in dem die politischen Handlungen der USA nicht großen Einfluss auf die Politik, die Wirtschaft und damit auch die Ölpreisentwicklung gehabt hätten. Doch 2019 wurde dieser Einfluss besonders deutlich.

 

US-Protektionismus: Strafzölle als Hauptthema des Jahres

Washington traf 2019 ein ums andere Mal Entscheidungen, die der Welt deutlich vor Augen führten, dass althergebrachter Protektionismus heute einen umso größeren globalen Effekt hat.

Dies begann mit Sanktionen gegen Venezuela und Iran. Diese trafen den jeweiligen Ölexport des Landes zwar direkt, erhöhten vorrangig aber die Unsicherheit aller Länder, die Öl aus diesen Nationen bezogen – und schadeten damit der Wirtschaft der Sanktionierten deutlicher als die Sanktionen allein. Überhaupt waren Sanktionsandrohungen durch die USA immer wieder Thema und demonstrierten damit die sichtbare Macht der USA als führende Volkswirtschaft der Welt.

Viel wichtiger waren indes die Strafzölle auf chinesische Waren, die wiederum chinesische Strafzölle auf US-Waren nach sich zogen. Hier spitzte sich die Lage 2019 zusehends zu und hatte sehr deutliche Auswirkungen auf die Konjunkturaussichten und die Produktionsquoten aller Länder mit nennenswertem Außenhandel.

Praktisch jeder wichtige Konjunkturindikator war von zunehmendem Pessimismus und dem prognostischen Druck durch die Auswirkungen der Zölle geprägt. Und mit jeder neuen negativen Entwicklungszahl stand das Wort Rezession deutlicher im Raum. Erst gegen Ende des Jahres einigten sich die Analysten darauf, dass ein drohender deutlicher Konjunkturabschwung mit einer möglichen neuen Weltwirtschaftskrise vorerst abgewendet worden sei.

Dieser lange Weg in den Pessimismus mit zögerlicher Kehrtwende spiegelte direkt die diplomatische Situation zwischen Washington und Peking wider: Zwar wurde schon früh begonnen, über einen vorläufigen Burgfrieden im Kampf um Zölle und Gegenzölle zu verhandeln, doch diese Gespräche waren immer wieder von Rückschlägen, Rückziehern und Hinhaltungen geprägt.

Der Markt verlor zusehends das Vertrauen in eine Lösung – und war umso überraschter, als sie zum Jahresende in Form eines „Phase 1“-Abkommens doch noch folgte. Diese Phase ist zwar für alle Optimisten enttäuschend, weil bestehende Zölle damit nicht verschwinden, höchstens gesenkt werden. Auch beinhaltet das Abkommen zunächst nur die Zusicherung, dass bereits angekündigte neue Zölle nicht eingesetzt werden.

Das ist zwar eine wacklige Übereinkunft, die offen für alle möglichen Änderungen und neue Machtdemonstrationen bleibt. Doch immerhin ist sie eine Übereinkunft – und wird deswegen vom Markt immer dankbarer aufgenommen.

 

OPEC+-Gruppe muss sich Marktrealität stellen

Die OPEC+-Gruppe blieb in dieser angespannten Situation immer wieder erstaunlich ruhig und zeigte bei den eher spärlichen Wortmeldungen zunächst vor allem, wie fragil das Kürzungsabkommen und der Zusammenhalt der Mitgliedsstaaten sind.

2019 wurde immer deutlicher, dass die Marktmacht der OPEC angesichts der Rekordförderung der USA und anderer Nicht-OPEC-Staaten schwindet. OPEC-Analysten selbst gingen mitunter davon aus, dass die US-Ölproduktion an Schwung verliere und damit kein akutes Eingreifen des Ölkartells nötig sei. Die kontinuierlichen Rekorde, die aus den USA gemeldet wurden, straften diese Einstellung jedoch greifbar Lüge.

Wohl auch deshalb beugte sich die OPEC am Ende des Jahres dem Marktdruck und verabschiedete höhere Förderbegrenzungen um 0,5 Mio. B/T zusätzlich zum aktuellen Kürzungswert – allerdings keine Verlängerung des ursprünglichen Abkommens. Vielmehr soll der Effekt der höheren Kürzungen Ende März bei einem außerordentlichen Treffen überprüft werden.

0,5 Mio. Barrel täglich sind angesichts des globalen Tagesangebots von derzeit rund 100 Mio. Barrel natürlich nur ein Symbol – doch immer noch ein wichtiges. Denn Angebot und Nachfrage liegen selbst bei halbwegs verhaltenen Prognosen zur Nachfrageentwicklung auch 2020 sehr nah beieinander. Derzeit gehen statistische Daten von einem Verbrauch von etwa 102 Mio. B/T aus.

Genau deswegen wird das Rennen um den täglichen Ölausstoß und die Marktmacht zwischen OPEC- und Nicht-OPEC-Staaten so hart ausgefochten. Während Länder wie die USA mit einer Überflutung des Marktes und damit sinkenden Preisen aufgrund der Wirtschaftlichkeit der Anlagen problemlos leben können, sieht das in den rein auf Öl gebauten Staatshaushalten der meisten OPEC-Nationen anders aus.

Noch ist OPEC-Öl allein aufgrund der stark gefragten Qualität und der Ausrichtung vieler Ölverarbeitungsstätten auf diese Qualität an der Spitze – doch wie lange dies noch andauert, kann nur schwer gesagt werden.

 

Ölpreisnotierungen zeigen Weltlage deutlich

Der klare Bruch zwischen dem Aufschwung der ersten Jahreshälfte und dem Pessimismus bis kurz vor Jahresende ließ sich überdeutlich in allen Notierungen ablesen.

Zum Jahresstart lag der für die Heizölpreisbildung entscheidende Gasoil-Wert bei rund 510 US-Dollar und arbeitete sich bis Mitte Mai auf rund 651 US-Dollar hoch. Seinen Tiefstwert erreichte er im August mit rund 544 US-Dollar, um am Jahresende wieder auf sichtbar über 600 US-Dollar anzuschwellen. Praktisch parallel dazu verlief auch die Brent-Notierung.

Schon ein kurzer Blick auf unsere Heizölpreisseite zeigt dabei einen sichtbaren Ausbruch nach oben aller Notierungen im September. Von einem Tag auf den anderen stiegen die Werte noch deutlicher als beim Ausbruch des ersten Irakkriegs.

Eindeutiger Grund dafür waren die Angriffe auf mehrere saudische Ölanlagen durch jemenitische Huthi-Rebellen, die laut US-amerikanischer Einschätzung von Iran unterstützt worden seien. Abgesehen von den politisch stärkeren Spannungen, die sich daraus ergaben, zeigte der Vorfall vor allem, wie ungeschützt die globale Ölproduktion gegen zerstörerische Einwirkungen von außen ist.

Andererseits wurde jedoch einmal mehr klar, dass Saudi-Arabien als Marktteilnehmer nicht abgeschrieben werden kann, auch wenn die OPEC insgesamt an Bedeutung verliert. Denn innerhalb kürzester Zeit wurde der enorme Ausfall von fast 6 Mio. B/T nicht nur kompensiert, das Produktionsniveau stieg sogar deutlich über den Wert vor den Angriffen.

Damit brachte sich Saudi-Arabien natürlich auch in eine sehr komfortable Situation, um beim OPEC+-Treffen im Dezember die höheren Förderquoten nicht nur mitzutragen, sondern durch freiwillige höhere Kürzungen die Effekte dieses Abkommens auf die Preisstabilisierung noch zu verstärken.

 

Die Situation zum Jahresende stellt Weichen für 2020

Im Dezember 2019 hatte der Markt endlich jene Fakten an der Hand, auf die er den Rest des Jahres so händeringend spekulieren musste: Die Situation China – USA ist positiv in Bewegung gekommen und lässt auf weitere Fortschritte und damit den Abbau der Handelszölle hoffen. Die OPEC+-Gruppe schafft zumindest mittelfristig Fakten, die ein mögliches Überangebot an Öl senken und die Hoffnung auf eine weitere künstliche Zurückhaltung schüren.

Damit geht der Markt erst einmal wieder optimistischer ins Jahr 2020 und kann sogar zusehends damit leben, dass die Nachfrage saisonbedingt vorerst sinken wird. Das zeigen die wieder deutlich gestiegenen Ölpreisnotierungen.

Hier spielt auch ein Fakt hinein, der unter dem Schlagwort IMO2020 eine wichtige Neuerung markiert. Ab 2020 müssen alle Seeschiffe ihren Schwefeldioxidausstoß um 85 Prozent reduzieren. Dazu müssen sie auf einen anderen Treibstoff umsteigen, dessen Preis selbst ohne Verordnung weitaus höher liegt als beim vorherigen.

Dieser neue Treibstoff (VLSFO) verzeichnet ein sprunghaftes Nachfrageplus und sorgt außerdem dafür, dass sich die gesamte Produktionskette neu ausrichtet. Und Rohöl spielt dabei natürlich weiterhin eine entscheidende Rolle.

Da zudem ein Großteil der globalen Ölbestände per Schiff transportiert wird, kommt dieser Kraftstoffwechsel einer Preisrevolution gleich, da die sichtbar höheren Transportkosten auf die Öleinkäufe aufgeschlagen werden. Das wiederum ist zwar für den letztendlichen Ölkäufer ein negatives Signal, schafft aber deutliche Anreize für spekulatives Kaufverhalten an den Börsen.

Wie lange dieser IMO2020-Effekt anhält und wie groß die Auswirkungen auf die Rohölnotierungen letztendlich sind, wird sich natürlich erst zeigen müssen – zumal die Frage im Raum bleibt, wie sehr diese Änderung die tatsächliche Kauffreude für Rohöl senkt.

 

Die Heizölpreisentwicklung im Dezember 2019 im Überblick // Alle Angaben ohne Gewähr // © TOTAL

 

Der Eurokurs: endlich Brexit

Die Überschrift ist zwar etwas provokant, doch genauso muss man die Reaktionen des Marktes interpretieren, als mit der Bestätigung der Regierung Johnson bei den vorgezogenen britischen Parlamentswahlen Mitte Dezember endlich klar wurde, dass der Brexit kommt.

Prompt zogen das britische Pfund und der Euro an, da endlich politische Fakten geschaffen wurden – auch wenn diese Fakten erst einmal kein proeuropäisches Signal darstellen.

Denn der Eurokurs musste das gesamte Jahr über ein ums andere Mal vor den Hinhaltetaktiken und dem Tauziehen zwischen Tories und Labour um den Europaausstieg Großbritanniens kapitulieren. Mit dem faktischen Brexit ist jetzt aber endlich der Weg offen, dass Europa eine klare Haltung gegenüber Großbritannien einnehmen kann und dass beide Parteien nicht mehr um das Ob, sondern um ein greifbares Wie verhandeln. Nur mit diesem Wie ist der Markt in der Lage, seine langfristigen Investitions- und Handlungsentscheidungen zu treffen.

Der für die Heizölpreisbildung entscheidende Eurokurs hatte selbstverständlich zusätzlich unter der Dollarstärke zu leiden, die auch aus dem Handelsstreit erwuchs. Hinzu kamen immer wieder trübe Konjunkturaussichten.

Analog zu den Notierungen auf den Rohstoffmärkten durfte der Euro zum Jahresende noch einmal deutlich zulegen. Doch die Erfahrung zeigt, dass in dieser Hinsicht keine langfristig positive Prognose getroffen werden kann, da Devisen noch deutlicheren Schwankungen unterliegen als die eher klar zu analysierenden Rohölnotierungen.

 

Was 2020 wichtig bleibt

Kurz gesagt bleibt alles wichtig, was in diesem Jahresbericht analysiert wurde. Denn die OPEC wird im März erneut zusammentreten und eventuell weitere Kürzungen beschließen – oder auch nicht. Da es eine „Phase 1“ gibt, ist davon auszugehen, dass auch eine „Phase 2“ im Handelsabkommen zwischen den USA und China angedacht ist. Doch ob sie zustande kommt, wie sie aussieht und was das für die Weltkonjunktur bedeutet, zeigt sich erst, wenn es so weit ist.

Darüber hinaus müssen wir auch 2020 wieder mit unvorhergesehenen Ereignissen und politischen Brandherden rechnen, von denen jüngst im Dezember Irak wieder besonders im Fokus stand. Der Nahe Osten ist und bleibt ein Pulverfass – und gleichzeitig eine der wichtigsten Ölregionen.

Über all diese Entwicklungen informieren wir Sie natürlich auch 2020 täglich und mit Hintergrundanalysen. Verfolgen Sie weiterhin unsere Heizölnews und passen Sie den perfekten Moment für den Heizölkauf über unsere Heizölpreisseite ab.