Der Heizölpreis im September: Die Marktmacht des Symbols

Monatsbericht: Heizölpreise im September - eine auf und ab Bewegung 04.10.19

Der September hätte an die unentschiedene Entwicklung der Vorgängermonate anknüpfen können. Doch ein außergewöhnliches Ereignis hat deutlich gezeigt, wie sensibel der Ölmarkt ist: Nach dem Angriff auf saudische Ölanlagen stiegen die Ölpreise panikartig an. Doch die Kehrtwende kam ebenso prompt.

Im Überblick: Das Öljahr 2019

  • Januar: Politische und wirtschaftliche Unsicherheit treibt Kurse vor sich her
  • Februar: Bessere Konjunkturerwartungen treiben den Heizölpreis an
  • März: USA und OPEC bringen sich stärker in Position – neue Preishochs
  • April: Markt beharrt auf preissteigender Stimmung
  • Mai: Aktuell knappes Ölangebot trifft auf Angst vor Abschwung
  • Juni: Langzeitentwicklungen lösen akute Themen als Markttreiber ab
  • Juli: Welt und Märkte reagieren auf pessimistische Prognosen zur Konjunktur
  • August: Handelsstreit zwischen USA und China im Mittelpunkt
     

Kompakt informiert: Die wichtigsten Entwicklungen im September

  • Angriffe auf saudische Ölanlagen sorgen für Preisrallye und Zuspitzung der Lage USA mit Iran
  • Minimale Zugeständnisse im Handelsstreit zwischen China und USA
  • USA zwischen wirtschaftlicher Bremse und innenpolitischen Turbulenzen

Heizölpreisentwicklung September 2019 im Überblick

Die Heizölpreisentwicklung im September 2019 im Überblick // Alle Angaben ohne Gewähr // © TOTAL

Der Dreh- und Angelpunkt im September lässt sich hervorragend in der Monatsansicht auf unserer Heizölpreisseite erkennen: Nach Rebellenangriffen auf saudische Ölanlagen war es mit der vorher herrschenden Zurückhaltung an den Märkten schlagartig vorbei. Die Ölpreise stiegen innerhalb von zwei Tagen derart stark an, dass Analysten von einem bisher nie gekannten Preissprung sprechen mussten.

Die Heftigkeit der Marktreaktionen beruhte dabei vorrangig auf dem Symbolwert: Durch einen einzigen Militärschlag wurde die tägliche Ölproduktion des größten und wichtigsten OPEC-Mitglieds Saudi-Arabien um rund die Hälfte zurückgedrängt. Es zeigte sich, wie schutzlos die Ölanlagen sind und wie schwierig die Lage im Nahen Osten tatsächlich ist.

Denn auch wenn sich jemenitische Huthi-Rebellen zu den Angriffen bekannten, so wurde international der Iran als eigentlicher Drahtzieher vermutet – nicht nur von Saudi-Arabien und den verbündeten USA.  

Damit gewann der Konflikt mit dem Iran wieder deutlich an Bedeutung, es folgten neue Sanktionen und gegenseitige Drohungen.

Genauso schnell, wie sich die Situation zuspitzte, ebbte sie jedoch erst einmal wieder ab. Dies lag einerseits an der schnellen Reaktion Saudi-Arabiens. Sie konnten bereits gegen Monatsende wieder eine tägliche Produktion von rund 75 Prozent des Vorniveaus vermelden.

Andererseits wurde deutlich, dass die zunächst ausgefallenen 5,7 Mio. B/T aus Saudi-Arabien dem Markt dann doch nicht derart fehlen, wie er in seiner Panikreaktion geglaubt hatte. Auch Entspannungssignale aus dem Iran wurden sofort in Preissenkungen umgesetzt.

Damit traten wieder die anderen Punkte in den Vordergrund, die das Preisgeschehen seit Monaten bestimmen: der USA-chinesische Handelskonflikt mit seinem Einfluss auf die Weltkonjunktur, die innenpolitischen Auseinandersetzungen in den USA, die Interpretationen aus den US-Ölbestandsdaten und den globalen Konjunkturindikatoren.

Letztendlich lieferte der Ölmonat September keine neuen richtungsweisenden Impulse oder Antworten auf die Frage, wie es mit der Nachfrageentwicklung weitergeht. Dementsprechend „linear“ verliefen auch die Preiskurven der Ölnotierungen und bei Heizöl – zumindest, wenn man den Monatsanfang und das Ende einander gegenüberstellt.
 

Angriff auf saudische Ölanlagen und die Situation USA – Iran

Die USA sind enge wirtschaftliche Verbündete Saudi-Arabiens und waren Mitbegründer der saudischen Ölgesellschaft Saudi Aramco. Diese plant momentan den größten Börsengang in der Geschichte.

Dementsprechend verheerend war die Signalwirkung, die der Angriff auf Saudi-Arabiens Ölproduktion ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt hatte. Und es wird deutlich, warum die USA die Suche nach dem Verantwortlichen derart vorangetrieben haben und die „simple Rebellentheorie“ nicht hinnehmen konnten.

Bei der Untersuchung der getroffenen Anlagen fanden sich schnell Indizien dafür, dass tatsächlich der Iran verantwortlich zu machen sei. Teheran unterstützt die jemenitischen Rebellen bereits lange mit Waffen und militärischer Expertise. Es ist also nicht schwer, die Hintergründe des Angriffs zuzuordnen.

Damit hatte der USA-Iran-Konflikt wieder eine neue Ebene erreicht, kein Beobachter geht momentan von zielführenden Gesprächen aus. Schon zuvor wurden neue US-Sanktionen gegen Irans Raumfahrtprogramm installiert, danach gab es neue Einreiseverbote für iranische Regierungsmitglieder in die USA.

Dabei hatte es zwischenzeitlich so ausgesehen, als würden Washington und Teheran wenigstens die Bereitschaft signalisieren, unter gewissen Umständen miteinander ins Gespräch zu kommen. Doch nach den Angriffen war die Hoffnung, dass es bei der UN-Generalversammlung am 23. September zu einem Treffen kommen könnte, erst einmal passé.

Trotz Säbelrasseln und gegenseitiger Schuldzuweisungen betonen jedoch beide Parteien, dass die Diplomatie dem Militärischen vorzuziehen sei – auch wenn beide Staaten ihre Truppen zumindest vorbereiten zu scheinen.

Schon wegen dieser sensiblen Balance, die jederzeit zu kippen drohte, wusste der Markt nicht, wie er die Nachwehen des Angriffs zu bewerten habe. Fakt ist nur, dass die Panikreaktionen direkt nach dem Angriff wieder ausgepreist wurden.

Die Risikoprämie wurde spätestens zum Monatsende beseitigt, als bekannt wurde, dass es einen Waffenstillstand zwischen Saudi-Arabien und den Rebellen gibt. Behauptungen Irans, dass die USA alle Sanktionen zurücknehmen wollten, wurden einerseits direkt dementiert und andererseits vom Markt ob der Unwahrscheinlichkeit dieses Schrittes ignoriert.

Damit ist das Thema Iran und der Frieden im Nahen Osten zwar nicht vom Tisch, hat sich aber nach der kurzen, heftigen Aufwärtsbewegung erst einmal wieder beruhigt.
 

Vorsichtige Annäherungen im Handelsstreit – oder doch nicht?

Aus Marktsicht hat sich beim Thema Handelsstreit inzwischen eine gewisse Routine eingestellt: Sowohl China als auch die USA bekräftigen, dass sie eine Lösung wollen. Doch keiner weicht von seiner Position ab, es gibt keine Fortschritte in den Verhandlungen. Eher im Gegenteil:

Zum Monatsanfang traten neue beidseitige Zölle auf Waren aus den USA und China in Kraft, die der Markt vorher fast „vergessen“ zu haben schien. Denn der Preisrutsch der Ölnotierungen danach war deutlich.

Trump bekräftigte im Rahmen der UN-Versammlung, dass er kein „schlechtes Abkommen“ mit China akzeptieren könne. Dies lieferte wiederum Anlass für Preisnachlässe. Nur einen Tag später sprach er von einer „guten Chance“ für ein Handelsabkommen.

Er soll sogar als Zeichen des guten Willens einem erhöhten Import von chinesischem Fleisch und anderen Produkten zugestimmt haben. Folgerichtig stiegen die Ölpreise wieder leicht an. Zum Monatsende wurden Gerüchte laut, nach denen die USA einen Ausschluss chinesischer Unternehmen vom US-Börsenhandel prüfen.

Dieses diplomatisch-wirtschaftliche Tauziehen ist ein Dauerzustand, der dem Markt zwar immer wieder Reaktionen, aber eben nur kurzfristige, abverlangt. Wenn es wirklich zu einem Handelsabkommen kommen sollte, dürfte dies den Ölpreisen einen erheblichen Anschub geben, da der Handelsstreit der wichtigste Faktor für die drohende Rezession und damit die sinkende Ölnachfrage ist. Die gegenteilige Möglichkeit ist natürlich leider genauso wahrscheinlich.
 

USA müssen sich abschwächender Wirtschaft stellen – und der hauseigenen Politik

Anfang September verzeichnete der Markt die schlechtesten ISM-Industrie-Kennzahlen aus den USA seit 2016. Kurz darauf gab es wieder positive Werte mitzuteilen, während sich die US-Ölbestandsdaten Woche für Woche keiner eindeutigen Richtung zuweisen ließen. Wiederum vermeldete Baker Hughes einen nahezu konstanten und deutlichen Rückgang bei den Anbohrtätigkeiten der US-Ölunternehmen. Die dafür nötigen Anlagen gingen Woche um Woche weiter ins Minus.

Auch wenn die US-Wirtschaft im Vergleich zu Europa immer noch besser der drohenden Rezession zu begegnen scheint, sind die Zeiten einer konstanten Aufwärtsentwicklung definitiv vorbei. Die Signale für wirtschaftliches Knirschen häufen sich auch hier und gewinnen an Intensität – siehe ISM.

Dies ist insofern wichtig, als dass die USA mit ihrer protektionistischen Handelspolitik an der Entwicklung der globalen Wirtschaft einen großen Anteil haben. Außerdem ist die riesige Volkswirtschaft ein Signalgeber für die Gesamtlage in der Welt. Das liegt nicht zuletzt am Dollar als Leitwährung.

Werden auch hier die Fragezeichen zur wirtschaftlichen Zukunft größer, erwartet der Markt aus den USA auch die wichtigsten Gegenmaßnahmen – oder zumindest Maßnahmen mit richtungsweisendem Signalcharakter.

Allerdings befinden sich die USA zurzeit in einer innenpolitischen Krise, die gerade wegen Trump als Twitter-Präsident die wirtschaftlichen Fragen fast überdeckt. Zur Monatsmitte trat der Sicherheitsberater des Weißen Hauses überraschend zurück und war damit das jüngste Glied in einer langen Kette an sehr kurzen Amtsperioden in Washington.

Zum Monatsende gaben die Demokraten bekannt, dass sie gegen Trump wegen der Ukraine-Affäre nun eine offizielle Prüfung zur Amtsenthebung einleiten.

Diese Auseinandersetzungen mit Trump im Zentrum sprechen nicht gerade von einer innenpolitischen Stabilität. Zusammen mit den wirtschaftlichen Daten der USA als zweitgrößter Ölförderer der Welt war es daher klar, dass die Ölpreise jedes Mal nachgaben, wenn Neues aus der Politik verlautet wurde – schwächeln die USA (egal ob wirtschaftlich oder politisch), schwächelt die ganze Weltwirtschaft.
 

Der Heizölpreis im September: Ein Blick auf den Eurokurs

Die Attraktivität des Dollars als sichere Investitionswährung ist ungebrochen und lieferte im September einen der Hauptgründe, warum der Euro konstant in Richtung Parität schlitterte. Direkt zum Monatsanfang gab es ein neues Zweijahrestief zu vermelden, immer wieder musste sich der Euro der Entwicklung des Dollars beugen. Auch zum Monatsende ging es noch einmal auf einen Tiefststand wie zuletzt Mitte 2017.

Dass die Konjunkturdaten aus Europa dabei insgesamt schlechter als in den USA ausfielen, beschleunigte diese Entwicklung noch. Auch die erneute Zinssenkung durch die US-Notenbank Fed half dem Dollar.

Die expansive Geldpolitik der EZB mit Minuszinsen konnte nach anfänglichen Abwärtsbewegungen dem Euro zwar etwas Stabilität verleihen, doch langfristig sahen die Anleger darin nur Nachteile und heizten die internen Diskussionen in der EZB zur Geldpolitik mit ihrem Anlageverhalten noch zusätzlich an. Der Angriff auf die saudischen Ölfelder hatte auch hier seine Auswirkungen. Die Anleger flüchteten sich schnell in die Ölwährung Dollar und haben diese Tendenz bisher weiterhin nicht aufgegeben.

Es liegt auf der Hand, dass der Eurokurs unterm Strich die kurzfristige Preisexplosion nach den Angriffen vorantrieb und Heizöl über Gebühr verteuerte. Leider machte der Abwärtstrend auch immer wieder Entspannungen bei den Ölnotierungen zunichte, da Öl in Dollar gehandelt und somit für Käufer anderer Währungsräume teurer wird, wenn die Landeswährung verliert.

Aktuell gibt es keine Indizien, dass sich diese Entwicklung alsbald umkehren könnte. Die Dollarstärke bzw. -stabilität müsste schon enorm ins Wanken geraten. Das wäre bei einer Amtsenthebung zwar durchaus möglich, doch dies ist nur eine Alternative von vielen. Und die meisten sprechen weiterhin für den Dollar.
 

Weitere Marktnews im September in Kürze

  • OPEC+-Mitglieder fördern im August wieder mehr Öl
  • Neuer Ölminister für Saudi-Arabien nährt Spekulationen um stärkere Förderkürzungen
  • Irak steigert Ölproduktion weiter und hält sich nicht an OPEC+-Abkommen
  • Kanada weitet Ölproduktion aus
  • Erwartung neuer Abwärtskorrekturen der Nachfrageprognosen in kommenden Monatsberichten
     

Was im Oktober weiter wichtig bleibt

Der Analyseblick im Oktober dürfte sich – sofern es keine erneuten unvorhersehbaren Ereignisse gibt – wieder hauptsächlich der Konjunktur zuwenden. Die für Oktober anberaumten Gespräche zwischen China und den USA könnten den Dreh- und Angelpunkt bilden, auch neue Konjunkturzahlen dürften einen großen Einfluss haben.

Langfristige Preisvorhersagen sind aber weiterhin ausgeschlossen. Deswegen liefern wir Ihnen tägliche Analysen in unseren Heizölnews und auf unserer Heizölpreisseite. So können Sie sich zeitnah eine eigene Meinung darüber bilden, wann der beste Zeitpunkt für den Heizölkauf ist.

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Ricarda Altrichter - Autorin

Der Ölmarkt und der Euro-Dollar-Kurs bestimmen Ihren Heizölpreis. Die Märkte bieten täglich Überraschungen. Wir liefern Ihnen die Hintergrundinformationen.

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