Heizöl-Rückblick September 2023: Verknappung als Politikum – Ölpreise gestiegen

Theoretisch stünde dem Markt ausreichend Öl zur Verfügung. Doch die anhaltende Kürzungstaktik von OPEC+-Mitgliedern verschärfte die Preissituation im September erneut und trieb den Heizölpreis nach oben. Die Gründe sind vor allem politischer Natur.

Im Überblick: So entwickelte sich der Heizölpreis im Jahr 2023

  • Januar: Vorsichtiger Glaube an wirtschaftliche Erholung – starker Euro senkt Ölpreise
  • Februar: Der Pessimismus kehrt an die Märkte zurück und senkt die Ölpreise
  • März: Bankenkrise, Streiks und Rezessionsangst lassen Ölpreise Achterbahn fahren
  • April: Marktsorgen ohne akute Gründe senken Ölpreise
  • Mai: US-Schuldenstreit im Fokus – Ölpreise schließen im Minus
  • Juni: Fragezeichen in der Weltwirtschaft – Ölpreise dennoch stabil
  • Juli: Verknappungsgedanken schlagen Nachfragesorgen – Ölpreise steigen
  • August: Berg- und Talfahrt für Ölpreise im unsicheren Markt

 

 

Heizölpreisentwicklung im September

Die Heizölpreisentwicklung im September 2023 im Überblick // Alle Angaben ohne Gewähr // © TotalEnergies

 

Kompakt informiert: Die wichtigsten Entwicklungen für den Ölpreis im September 2023

  • Verlängerte Exportkürzungen Russlands und Saudi-Arabiens halten Ölpreise hoch
  • Chinas Wirtschaft zwischen Erholung und Sorgenkind
  • Kein Ende der Inflationsangst in Sicht

 

Wer die derzeitige Lage auf dem Ölmarkt verstehen will, muss nach Cushing, Oklahoma, schauen. Hier befindet sich das zentrale Rohöllager der USA. Derzeit sind die WTI-Tanks in der 8.000-Einwohner-Gemeinde so leer wie lange nicht mehr. Der sogenannte Spotmarkt als Handelsplatz für physisches Öl musste sich bereits in den vergangenen Monaten mit immer weniger Angebot arrangieren. Diese Entwicklung hat sich im September noch verschärft.

Auch wenn die Börse weniger mit aktuell verfügbaren Produkten als mit zukunftsgewandten Kontrakten handelt, sind die Auswirkungen der derzeit knappen Angebotssituation auf die kommenden Monate enorm. Analysten rechnen bereits mit Preisexplosionen zum Jahresende, demzufolge steigen die Ölpreise bereits jetzt: Die Rohölnotierungen für WTI und Brent legten im Monatsvergleich jeweils um ungefähr sieben Prozent zu, Heizöl stieg um fast zehn Prozent. Ein schwächelnder Euro mit Monatsverlusten um die drei Prozent spielte hier genauso eine Rolle wie die preissteigernde Stimmung am Markt.

 

Der Hauptgrund für diese Entwicklung ist schnell ausgemacht: Saudi-Arabien und Russland wollen weiterhin ihre Exportmengen kürzen. Und zwar bis in den Dezember hinein und zusätzlich zu den ohnehin beschlossenen OPEC-Kürzungen. Das Kalkül dahinter hat genauso wirtschaftliche wie politische Aspekte.

 

Warum kürzen Russland und Saudi-Arabien weiterhin?

Die Natur eines Kartells besteht darin, den Markt für ein bestimmtes Produkt zu kontrollieren, um die Preise diktieren zu können. Um nichts anderes ging es ursprünglich bei der OPEC, die in den vergangenen Jahren aber immer mehr an Macht verloren hat. Das heißt aber nicht, dass es nicht noch mehr Spielraum gibt: Saudi-Arabien als größter Ölproduzent will sich mit den eigenmächtigen Kürzungen zusätzlich zur OPEC-Vereinbarung mehr Dollar aus jedem Barrel sichern. Denn die landeseigene Wirtschaft beruht auf nichts anderem. Das funktioniert bis zu einem gewissen Grad problemlos, da das Königreich riesige Ölreserven besitzt, die es nach Belieben auf den Markt werfen oder zurückhalten kann. Russland wiederum ist kein reguläres OPEC-Mitglied, kooperiert aber mit dem Kartell, um sich gegen aufsteigende Ölsupermächte wie die USA zu behaupten. Das hat nicht nur wirtschaftliche Gründe, sondern ist ganz klar auch ein politisches Signal.

Seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs hat die politische Komponente russischer Energie deutlich zugelegt. Öl und Gas aus Russland werden sowohl vom Kreml als auch vom Westen als Druckmittel angesehen. Europa verhängt Sanktionen, Moskau will mit Exportverboten die Energiepreise so hoch treiben, dass der Westen entweder einknickt oder wirtschaftlichen Schaden nimmt. Außerdem kann Russland seinen weiterhin treuen Abnehmern in Asien „Sonderpreise“ anbieten, die den westlichen Produzenten das Wasser und Marktanteile abgraben.

In dieser politisch, wirtschaftlich und diplomatisch hochexplosiven Gemengelage scheint die OPEC+-Gruppe derzeit am längeren Hebel zu sitzen und genau das zu erreichen, was sie will. Kleine Dellen in der Preisentwicklung im September zeigten aber auch, dass die Taktik nicht endlos funktionieren kann. Sind (mögliche) Verknappungen einmal eingepreist, werden sie nicht erneut eingerechnet. Zudem wissen alle Beteiligten, dass eine endlose Verknappung nur dazu führen würde, dass sich etwa saudische Kunden nach anderen Quellen umsehen. Und das würde deutlich weniger Geld in die saudischen Kassen spülen.

 

Braucht die Weltwirtschaft überhaupt mehr Öl?

Während sich die Angebotsseite ohne große Schwierigkeiten über einen längeren Zeitraum kalkulieren und prognostizieren lässt, ist die Nachfrage praktisch täglich ein Fragezeichen. Im September wurde dieses mehrfach größer.

Chinas Wirtschaft schwankte zwischen Erholungsindizien und Indikatoren für Instabilität. Zwar gab es Hinweise auf die Effektivität der chinesischen Stabilisierungsbemühungen, während Chinas Raffinerien überdurchschnittlich viel Rohöl verarbeiteten. Auf der anderen Seite bereitete der instabile Immobilienmarkt allerdings weiterhin Probleme. In den USA ging unterdessen der Kampf gegen die Inflation weiter. Zwar hat sich die Teuerungsrate stabilisiert, doch signalisierte die US-Notenbank Fed, dass die Kreditkosten mittelfristig hoch bleiben werden. So beließ sie den Leitzins im September auf seinem aktuellen Niveau von 5,5 Prozent, sagte im gleichen Atemzug aber auch, dass weitere Zinsschritte immer noch nicht vom Tisch sind.

 

Denn von echter Entspannung kann nicht die Rede sein. Hohe Energiepreise waren Anfang 2020 Auslöser der Inflationsspirale und könnten diese nun wieder antreiben. Damit steht auch die Drohung einer Rezession wieder stärker im Raum. Sowohl in Europa als auch in den USA gibt es deshalb wieder verschärfte Diskussionen über steigende Energiekosten für das produzierende Gewerbe und Endverbraucher.  Trotzdem ist ein gewisser Marktoptimismus kaum zu ignorieren. Die großen Monatsberichte im September sahen genug Anzeichen für eine weiterhin wachsende Wirtschaft. Aber leider sahen sie auch Indikatoren für wachsende Angebotsdefizite – nicht nur in Cushing.

 

 

Weitere News in Kürze

  • Libyens Exporthäfen wegen Extremwetters teilweise geschlossen
  • US-Raffinerietätigkeit aufgrund beginnender Wartungssaison gesunken
  • US-Pipeline Centurion beschädigt

 

 

Was auf dem Ölmarkt im Oktober 2023 wichtig bleibt

Je näher die Heizsaison auf der Nordhalbkugel rückt, desto kritischer wird das OPEC-Agieren unter die Lupe genommen. Im Oktober dürfte sich vorerst allerdings kaum etwas ändern. Zumindest nicht auf Angebotsseite. Auf Nachfrageseite müssen sich Marktteilnehmer und Heizölkäufer auf weitere Turbulenzen einstellen, die genauso für Preisanstiege wie für Preisnachlässe sorgen könnten. Weil sich der Heizölpreis kaum sicher vorhersagen lässt und stets tagesaktuell berechnet wird, sollten Sie sich auch tagesaktuell auf dem Laufenden halten. Das funktioniert am besten mit unseren täglichen Heizölnews sowie mit unserer Heizölpreisseite.

Sefana Boucherit – Autorin

Der Ölmarkt und der Euro-Dollar-Kurs bestimmen Ihren Heizölpreis. Die Märkte bieten täglich Überraschungen. Wir liefern Ihnen die Hintergrundinformationen.

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