Heizöl-Rückblick Juni 2023: Trotz Unsicherheiten sind Ölpreise stabil

Zwischen Nachfragesorgen, OPEC-Poker und einem versuchten Putsch in Russland zeigten sich die Ölpreise im Juni erstaunlich stabil. Dahinter steht eine große Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Monaten.

Im Überblick: So entwickelte sich der Heizölpreis im Jahr 2023

  • Januar: Vorsichtiger Glaube an wirtschaftliche Erholung – starker Euro senkt Ölpreise
  • Februar: Der Pessimismus kehrt an die Märkte zurück und senkt die Ölpreise
  • März: Bankenkrise, Streiks und Rezessionsangst lassen Ölpreise Achterbahn fahren
  • April: Marktsorgen ohne akute Gründe senken Ölpreise
  • Mai: US-Schuldenstreit im Fokus – Ölpreise schließen im Minus

 

Kompakt informiert: Die wichtigsten Entwicklungen für den Ölpreis im Juni 2023

  • OPEC+ lässt Förderkürzungen unangetastet – Saudi-Arabien wagt Alleingang
  • Gescheiterter Putsch in Russland lässt Welt aufhorchen
  • Notenbanken halten sich bei Leitzinsen zurück
  • Chinas Wirtschaft wird zum Fragezeichen

 

Preisliche Stabilität kann Ausdruck zweier völlig gegensätzlicher Markteinstellungen sein: Entweder sehen Marktteilnehmer ein ausgeglichenes Verhältnis von Angebot und Nachfrage, oder sie sind unsicher über die wirtschaftliche Lage und sichern jeden Preisanstieg gleich wieder mit Gewinnmitnahmen ab. Im Juni konnte von Ausgeglichenheit sicher nicht die Rede sein. Trotz teils erfreulicher Konjunkturaussichten aus allen wichtigen Wirtschaftsregionen der Welt stand weiterhin die Frage im Raum, ob die Inflation tatsächlich überwunden sei. So lieferten die USA immer wieder hoffnungsvolle Zahlen zur Nachfrage und dem Konsumklima, China zeigte sich wacklig, Europa blieb uneindeutig. Die Notenbanken beiderseits des Atlantiks hielten sich im Juni mit Zinsschritten zurück, kündigten jedoch an, dass ein Ende der Stabilisierungsmaßnahmen noch nicht zu erwarten sei.

Mit dem Wagner-Putschversuch gegen Russland und einem saudischen Alleingang in Sachen OPEC-Förderkürzungen wurde der Markt im Juni zwischenzeitlich aufgeschreckt. Allerdings hielten die Auswirkungen nur kurzfristig an – auf die Preisanstiege wurde folgerichtig mit Gewinnmitnahmen reagiert.

Die US-amerikanische Ölsorte WTI verlor rund 0,3 Prozent an Wert, Brent legte demgegenüber etwa 0,1 Prozent zu. Dass der Heizölpreis im Monatsvergleich dennoch um rund 3 Prozent anstieg, lag nicht zuletzt am Wetter:

Niedrige Rheinpegel aufgrund geringer Niederschläge erschweren derzeit den Binnenschiffsverkehr in Westeuropa und wirken sich direkt auf die Preisbildung für Heizöl aus. Schiffe können weniger Ladung aufnehmen oder überhaupt nicht fahren. Das steigert die Transportkosten und damit auch die Handelspreise.

 

Der OPEC-Poker: Was steht hinter dem saudischen Alleingang?

Die OPEC+-Gruppe blieb im Mai erneut hinter ihren angekündigten Förderkürzungen von 1,6 Millionen Barrel zurück: So nahm sie laut eigenen Statistiken nur etwa 460.000 Barrel täglich vom Markt. Dahinter steht vor allem Uneinigkeit innerhalb des Ölkartells – größere Erzeuger wie Saudi-Arabien wollen über Kürzungen den Preis hochtreiben, kleine Länder versuchen, möglichst viel von ihrem Öl abzuschlagen, das oft die einzige Einnahmequelle ist.

Kein Wunder also, dass kurz nach Veröffentlichung der OPEC-Mai-Zahlen eine überraschende Nachricht aus den eigenen Reihen kam: Saudi-Arabien will eigenmächtig 1 Million Barrel zusätzlich kürzen. Es ist nicht das erste Mal, dass der wichtigste OPEC-Mitgliedstaat versucht, mit seiner schieren Produktmacht den Markt zu beeinflussen.

Doch weil die gesamte OPEC deutlich hinter ihren Zielen zurückgeblieben ist und die Frage nach der Balance von Angebot und Nachfrage für die kommenden Monate ungeklärt bleibt, reagierten die Ölpreise auf diesen Coup nur kurz.

 

Wackelt die Weltwirtschaft?

Das wichtigste Element der aktuellen Marktstimmung ist die Nachfrageentwicklung als direkter Ausdruck der Wirtschaftstätigkeit aller wichtigen Länder und Wirtschaftsregionen. Hier könnte es kein uneindeutigeres Bild geben: Chinas Wirtschaft knirscht, auch wenn erfreuliche Importzahlen im Juni Hoffnung aufkommen ließen. Chinas Ankündigung, die Wirtschaft mit weitreichenden Maßnahmen ankurbeln zu wollen, stieß zwar auf offene Ohren. Doch das Maßnahmenpaket zeigt eben auch, dass staatliches Eingreifen notwendig ist, um die Schwierigkeiten zu beseitigen.

Denn verschiedene Nachfrage- und Konjunkturindikatoren aus China zeichneten ein eher prekäres Bild. So sind etwa die Unternehmensgewinne im aktuellen Berichtszeitraum praktisch eingebrochen. Andererseits stiegen die Nettoimporte – und China gab 10 Millionen Barrel blockierter Rohölimporte frei.

In den USA scheint sich die Stimmung derweil etwas aufzuhellen. Nachdem die Ölbestände zwischenzeitlich auf ein Zwei-Jahres-Hoch gestiegen waren, nahmen sie zum Monatsende wieder ab, während die Nachfrage insgesamt weitestgehend stabil blieb. Ein höherer Kerosinverbrauch deutet darauf hin, dass US-Amerikaner in diesem Sommer wieder mehr reisen werden.

Die Inflation scheint hier vorerst gebremst, die Konsumstimmung hat sich gebessert. Die abgewendete Zahlungsunfähigkeit der Regierung spielt in die positivere Einstellung gegenüber der US-Wirtschaft ebenfalls hinein.

Der versuchte Putsch der Wagner-Söldnertruppe gegen Russlands Regierung schreckte den Markt zum Monatsende nochmals kräftig auf. Die Auseinandersetzung zeigte klar, wie unsicher die politische Lage im Osten ist – und welche unerwarteten Wendungen der Ukraine-Konflikt täglich nehmen kann. Zwar hatte dieser Konflikt keine direkten Auswirkungen auf das Ölgeschäft, verschärfte jedoch die Risikoprämie im Handel – und machte jedem deutlich, dass im Ukraine-Krieg nichts als eingepreist gelten kann.

 

Weitere News in Kürze

  • USA kaufen 3 Mio. Barrel für strategische Reserven zurück
  • EU verhängt weitere Sanktionen gegen Russland

 

Was auf dem Ölmarkt im Juli 2023 wichtig bleibt

Der Juni war ein Paradebeispiel für die derzeitige Marktsituation und legt das Fundament für die Aussichten im Juli: Die Frage nach Chinas Wirtschaft steht genauso im Mittelpunkt wie die (möglichen) Auswirkungen weiterer Zinsschritte der Notenbanken. Generell ist weiterhin nur sicher, dass nichts sicher ist.

Mit unseren täglichen Heizölnews halten wir Sie daher stets auf dem neuesten Stand und erklären die Hintergründe der Preisbildung. Über unsere Heizölpreisseite legen Sie fest, wann der perfekte Zeitpunkt zum Auffüllen des Heizöltanks für Sie ist.

 

Sefana Boucherit – Autorin

Der Ölmarkt und der Euro-Dollar-Kurs bestimmen Ihren Heizölpreis. Die Märkte bieten täglich Überraschungen. Wir liefern Ihnen die Hintergrundinformationen.

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