Heizöl-Rückblick Juni 2021: Ölmarkt zwischen Angebotsdefizit und Delta-Sorgen

Mit der rasanten Erholung der Nachfrage steuerte der Markt scheinbar auf ein Angebotsdefizit zu, das die Ölpreise im Juni auf ein Mehrjahreshochs steigen ließ. Doch die Ausbreitung der Delta-Variante könnte dieser Entwicklung schnell Einhalt gebieten.

Im Überblick: der Ölmarkt 2021

 

  • Januar: Holpriger Jahreswechsel – doch die Ölpreise bleiben stabil
  • Februar: Das Ölangebot wird sichtbar knapper, die Ölpreise steigen
  • März: Marktlage mit vielen Fragezeichen – Ölpreise suchen Orientierung
  • April: Hoffnung auf steigende Nachfrage treibt Ölpreise an
  • Mai: US-Iran-Atomdeal und erholende Nachfrage beschäftigen den Markt

 

Kompakt informiert: die wichtigsten Entwicklungen für den Ölmarkt im Juni 2021

  • Aussichten auf Angebotsdefizit treiben Ölpreise auf neue Mehrjahreshochs
  • Ausbreitung der Delta-Variante wird zur größeren Sorge
  • Iranische Präsidentenwahl bringt Atomdeal in Stocken
  • OPEC+ agiert weiterhin vorsichtig

 

Heizölpreisentwicklung im Überblick

 

Die Heizölpreisentwicklung im Juni 2021 im Überblick // Alle Angaben ohne Gewähr // © TOTAL

 

 

Nachdem es mit den Ölpreisen den gesamten Juni über beständig nach oben ging, markierte das Monatsende eine sichtbare Zäsur. Entgegen der Einstellung, dass die Coronapandemie endlich unter Kontrolle ist, zwang die Delta-Variante immer mehr Länder zurück in Gegenmaßnahmen. Das wiederum könnte die vorherrschende Meinung, dass der Markt spätestens im August auf ein klares Angebotsdefizit zusteuert, zunichtemachen und zu neuen Bewertungen der aktuellen Themenschwerpunkte führen.

Dazu gehörte im Juni einerseits der US-Iran-Atomdeal. Nachdem in den Monaten zuvor Fortschritte in Richtung Einigung erzielt wurden, brachte der Regierungswechsel in Teheran die Verhandlungen auf unbestimmte Zeit zum Erliegen. Denn der neue Präsident Ebrahim Raisi gilt als erklärter Hardliner. Auf der anderen Seite dürfte die OPEC+-Gruppe ihr weiteres Vorgehen bei den Förderkürzungen noch vorsichtiger bewerten, obwohl die Rufe nach mehr OPEC-Öl im Juni zuletzt immer lauter wurden.

Trotz des „Delta-Knicks“ am Monatsende hat die amerikanische Ölsorte WTI innerhalb eines Monats rund sieben Prozent an Wert gewonnen, Brent legte rund sechs Prozent zu. Heizöl steigerte sich in der Folge ebenfalls um rund sechs Prozent. Auch wenn diese Zahlen gering erscheinen, knackten die Rohölnotierungen im Monatsverlauf Langzeitgrenzen von mehreren Jahren. Nun stellt sich am Markt die Frage, ob dieser Aufwärtstrend vorbei ist.

 

Atomdeal: Wie wird es nun weitergehen?

Von außen sieht der Atomdeal zwischen den USA und Iran einfach aus: Wenn die USA ihre Sanktionen aufheben, hört Teheran auf, Uran in Richtung waffenfähiges Material anzureichern. Doch so einfach ist es nicht – schon gar nicht, nachdem im Juni ein neuer iranischer Präsident gewählt wurde.

Ebrahim Raisi ist Kleriker, Hardliner und ein typischer Vertreter der antiamerikanischen Einstellung, die das Verhältnis zwischen Washington und Teheran schon immer belastete und in Teilen zur Aufkündigung des ursprünglichen Atomdeals und den daraus folgenden Sanktionen beigetragen hat. Schon deshalb waren die Fortschritte zu einem neuen Deal unter der Regierung Biden bemerkenswert. Gerade im Juni schienen diese Fortschritte immer wichtiger zu werden. Darf Iran wieder frei auf dem Markt agieren, könnten laut Schätzungen bis zu 119 Mio. Barrel eingelagertes Öl sowie rund 4 Mio. B/T-Förderkapazität zum Angebot dazugerechnet werden.

Hatten solche Mengen zuvor noch für Unruhen in den Notierungen gesorgt, wurden sie im Juni immer dringender erwartet. Zumindest so lange, bis sich die Delta-Prognosen verschlechterten.

Nachdem Raisi die Verhandlungen auf unbestimmte Zeit verschoben hat und die USA einen Angriff auf proiranische Gruppierungen geflogen haben, ergibt es aus Marktsicht Sinn, das iranische Öl vorerst aus der Kalkulation rauszuhalten. Hätte dies ohne Delta enorme Preissprünge nach sich gezogen, trägt diese Entwicklung nun eher zu einer Preisstabilität bei.

 

OPEC+ bleibt vorsichtig

Natürlich wäre es für die Mitglieder des OPEC+-Bündnisses ein Leichtes, die Förderhähne aufzudrehen und das (gefühlte) Angebotsdefizit sofort zu beseitigen. Entsprechende Forderungen wurden im Juni immer lauter. Stattdessen setzte das Kartell nicht nur für Juni und Juli, sondern voraussichtlich auch für August nur leichte Steigerungen von bis zu 0,5 Mio. B/T um. Diese Vorsicht zeigt, dass das Kartell aus vergangenen Fehlern gelernt hat. Wurde hier zuvor stets unter der Annahme gehandelt, dass die OPEC den Markt bestimmt, ist es nun der Markt, der dem Bündnis die Vorgaben macht.

Und dieser Markt hat sich seit Corona grundsätzlich verändert, ist so unsicher wie kaum jemals zuvor und hat eine Eigendynamik entwickelt, die sich fast täglich zu ändern scheint. Statt also quartalsweise Fördervorgaben zu machen, schauen sich die Mitglieder die Situation Monat für Monat an und reagieren ausnehmend vorsichtig. Zu Redaktionsschluss dieses Berichts traten die Mitglieder zur nächsten Vollversammlung zusammen. Angesichts der Delta-Entwicklungen und der Verhandlungsunterbrechung zum Atomdeal standen zuletzt Förderanpassungen von nur 0,1 oder 0,2 Mio. Barrel pro Tag im Raum. Das scheint weit von der Marktsituation zu Monatsbeginn entfernt – und spiegelt genau deshalb die neue Agilität des Kartells wider.

 

Weitere News in Kürze

  • Libyens Ölproduktion überraschend gesunken
  • US-Notenbank Fed bringt Leitzinserhöhungen ins Spiel
  • Überraschend gute Wirtschaftszahlen aus Europa

 

Was auf dem Ölmarkt im Juli 2021 wichtig bleibt

Wäre zu Monatsbeginn noch der Blick auf die Angebotsseite im Juli wichtig gewesen, wird sich der Markt nun wieder verstärkt der Nachfrage widmen müssen. Bisher ist nicht abzusehen, welche Folgen die Delta-Variante haben und wie erfolgreich die Welt dagegen vorgehen wird.

Daraus ergibt sich großes Potenzial für eine Preiskorrektur, deren Vorzeichen wir bereits jetzt beobachten können. Sollte jedoch alles anders als befürchtet kommen, steht weiteren Preissteigerungen ebenso wenig im Wege. Um Sie bestmöglich vor dem Heizölkauf zu informieren, stellen wir deshalb täglich unsere kompakten Heizölnews zur Verfügung und halten auf unserer Heizölpreisseite die tagesaktuellen Entwicklungen fest.