Der Heizölpreis im August: Weltkonjunktur auf dem Prüfstand

5. September 2019, Ricarda Altrichter

Kommt die Rezession oder nicht? Diese Frage blieb auch im August entscheidend. Überraschende Schritte im US-chinesischen Handelsstreit nährten Sorgen und riefen die Notenbanken auf den Plan.

Der Heizölpreis blieb im Monatsvergleich auf ähnlichem Niveau – doch von einer stabilen Marktentwicklung kann nicht die Rede sein.

 

Im Überblick: das Öljahr 2019

  • Januar: Politische und wirtschaftliche Unsicherheit treibt Kurse vor sich her
  • Februar: Bessere Konjunkturerwartungen treiben den Heizölpreis an
  • März: USA und OPEC bringen sich stärker in Position – neue Preishochs
  • April: Markt beharrt auf preissteigender Stimmung
  • Mai: Aktuell knappes Ölangebot trifft auf Angst vor Abschwung
  • Juni: Langzeitentwicklungen lösen akute Themen als Markttreiber ab
  • Juli: Welt und Märkte reagieren auf pessimistische Prognosen zur Konjunktur

 

Kompakt informiert: die wichtigsten Entwicklungen im August

  • Intensives Tauziehen im US-China-Handelsstreit
  • Iran-Konflikt rückt wieder stärker in den Fokus
  • US-Ölwirtschaft widersteht (noch) Konjunkturdellen
  • Fed senkt Leitzins und gibt Stoßrichtung für Notenbanken vor

 

Heizölpreisentwicklung Juli 2019 im Überblick

Die Heizölpreisentwicklung im August 2019 im Überblick // Alle Angaben ohne Gewähr // © TOTAL

Nach einer kurzen Phase der scheinbaren Entspannung und Gesprächsbereitschaft ging es im Handelsstreit zwischen China und den USA im August wieder Schlag auf Schlag: Beide Länder überzogen sich mit neuen Strafzöllen, die die wichtigsten Säulen der jeweiligen Wirtschaftsleistung treffen sollten.

Mit jeder neuen Ankündigung zeigte der Ölpreis klare Tendenzen nach unten, auch wenn diese Entwicklungen in einem anderen Marktumfeld – wie es etwa noch vor einem Jahr herrschte – deutlicher und von größerer Dauer gewesen wären.

Denn ob der globale Konjunktureinbruch droht, ist immer noch nicht sicher. Notenbanken auf der ganzen Welt folgten dem Beispiel der Fed, die den Leitzins zwar senkte, um die Konjunktur anzuschieben, von überhasteten Schritten jedoch abriet.

Jede dieser Zinssenkungen schickte Impulse in die Devisen- und Rohstoffmärkte, die den Ölpreis zumindest kurzfristig stabilisierten – ganz entgegen sonstiger Tendenzen bei einem solchen Schritt.

Der Iran-Konflikt, der auch unsere Heizölnews noch vor wenigen Wochen intensiv beschäftigt hatte, hatte in diesem Umfeld zwar den Charakter eines Nebenschauplatzes, zeigte aber im August mit neuen Sanktionen gegen den Außenminister des Landes, dass die USA weiterhin eingreifen. Das ändert zwar nichts am Beitrag Irans zur momentan verfügbaren Ölmenge, machte aber einmal mehr deutlich, dass der Nahe Osten nicht ignoriert werden darf.

Der Blick auf die Entwicklung der US-Ölwirtschaft war im August ein ums andere Mal interessant. Denn hier schien es, als ginge die drohende Konjunkturkrise spurlos an der Produktion und dem Absatz vorbei. Starke Abbauten bei Rohöl und Benzin konnten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Industrie anscheinend auf einen Krisenmodus vorbereitet.

Insgesamt lieferte der August ein Musterbeispiel für einen Markt, der sich längst von langfristigen Spekulationen zur Entwicklung des Ölpreises verabschiedet hat. Ohne klare Aussichten auf die weltweite Entwicklung bestimmten kurzfristige Gewinnmitnahmen und Käufe das Bild.

Dadurch schwankte der Ölpreis im Tagesverlauf teilweise deutlich, hat sich aber im Monatsvergleich praktisch kaum verändert. Ob dies nun ein gutes oder schlechtes Signal für den Heizölpreis in den kommenden Wochen ist, lässt sich angesichts der allgemeinen Verunsicherung nicht sagen.

 

Handelsstreit zwischen USA und China: Tauziehen um die Wirtschaftsmacht

Deeskalierende Verhandlungen sehen anders aus: Im August lieferten sich die USA und China trotz laufender Gespräche ein ums andere Mal einen Schlagabtausch mit neuen Zöllen auf die Waren des jeweils anderen Landes. Gerade China wurde dabei auffallend zielgenau:

Washington verlegte sich auf eine allgemeine Zollstrategie mit Prozentpunkten auf Warenwerte, während Peking gezielt auf die wichtigsten Exportgüter der USA fokussierte: Erst behinderten sie US-Agrarprodukte mit neuen Zöllen, dann folgte zum Monatsende die Ankündigung, US-Rohöl mit Einfuhrhürden zu belegen. Zwischendurch gab es Zugeständnisse von Washington, die sich aber kurz vor dem G7-Gipfel durch einen überraschenden Zollschritt Chinas wieder erledigt hatten.

Wollte man intensiv interpretieren, so könnte dies der Grund sein, warum US-Präsident Trump zum Monatsende dann doch signalisierte, dass man in seiner Regierung wieder zu Verhandlungen bereit sei. Sowohl die Agrar- als auch die Ölindustrie sind zwei der wichtigsten Säulen, auf denen der bisherige Erfolg der US-Wirtschaft beruht. Und dieser Erfolg hängt wesentlich vom Abnehmer China ab.

Jede neue Eskalationsstufe trieb den Ölpreis kurzfristig vor sich her – meist zum Negativen. Doch auch den Kontrahenten sollte klar sein, dass sich diese Entwicklung nicht ewig fortsetzen lässt.

Spätestens dann, wenn die US-Landwirte als eine der wichtigsten Wählergruppen für Trump im bevorstehenden Wahlkampf abspringen, weil sie ihre Produkte nicht mehr verkaufen können, erwartet der Markt eine handfeste Form der Annäherung.

 

Iran-Konflikt: Sanktionen und Gesprächsbedarf

Ähnlich erratisch wie der Handelskonflikt verhielt sich im August auch das Thema Iran. Neue Sanktionen gegen den iranischen Außenminister gingen im allgemeinen Nachrichtenumfeld fast unter, zeigten aber einmal mehr, dass die USA auch hier weiterhin die Oberhand behalten wollen.

Im Rahmen des G7-Gipfels in Frankreich ließ jedoch eine Äußerung Trumps aufhorchen, dass er – nur unter gewissen Voraussetzungen – zu Gesprächen mit Iran bereit sei. Dieses Signal verpuffte nicht ungehört, konnte aber als bloße Aussage keine Preisentwicklung anschieben.

Vielmehr lieferte der August die Erkenntnis, dass Iran noch längst nicht als Marktfaktor abgeschrieben werden kann – auch wenn die Exportquoten aktuell so niedrig sind, dass ein weiteres Absenken kaum mehr ins Gewicht fallen würde.

Andersherum wäre auch nur die kleinste Lockerung der Sanktionen (wie sie von Frankreich vorgeschlagen wurden) problemlos in der Lage, das ohnehin große Ölangebot auf dem Markt so signifikant zu steigern, dass der Ölpreis zwangsläufig nachgeben müsste.

 

US-Ölwirtschaft: Einleitung zum Krisenmodus?

Die US-Ölwirtschaft könnte demnächst ein großes Problem haben: Sie ist zu erfolgreich. Dieser Erfolg zeigte sich im August ein ums andere Mal in einer neuen Rekordproduktion und in den US-Ölbestandsdaten von API und DOE. Die Bestände fielen mehrfach, lieferten aber auch klare Signale dafür, dass die Nachfrage sinkt und die Ölprodukte in den Lagern bleiben.

Gleichzeitig gingen im Rahmen des Infrastrukturprogramms der Branche mehrere Pipelines in Betrieb, die das amerikanische Öl WTI einfacher zu den Verladehäfen an den Küsten transportieren können.

Ein drittes Signal lieferte der Baker Hughes Report zur Anzahl aktiver US-Ölbohranlagen. Hier gab es teilweise deutliche Rückgänge. Diese deuten darauf hin, dass sich die Unternehmen von ihrer Explorationstätigkeit abwenden und lieber an der Wirtschaftlichkeit bestehender Quellen feilen. Dies hatte vor einem Jahr noch ganz anders ausgesehen.

Aus dieser Faktenlage ergibt sich ein durchaus ambivalentes Bild: Die US-Ölwirtschaft mit der „besonderen“ Sorte WTI profitierte bisher davon, dass die WTI-Notierung grundsätzlich unter dem Brent-Preis liegt.

Mit der nun größeren Verfügbarkeit könnte die noch herrschende Preisschere für ein größeres Käuferaufkommen sorgen. Das steigert allerdings den Preis und macht damit WTI wieder unattraktiver. Die Welt agiert nämlich vorrangig mit Brent.

Einer der größten Abnehmer des US-Produkts war außerdem bisher China – das nach einem Einfuhrboykott ab September nun auch noch fünf Prozent Strafzoll auf US-Öl erheben will. Und die heimische Wirtschaft – darunter die Landwirte – könnten aufgrund der chinesischen Zölle auf andere US-Produkte weniger Treibstoff nachfragen.

Die Industrie hat also gerade große Investitionen in den Ausbau der Verfügbarkeit getätigt, die sich am Ende als bilanztechnisch problematisch herausstellen könnten. Für den Markt werden deshalb die API- und DOE-Daten im September umso wichtiger für die Bewertung. Und es darf gefragt werden, wie Washington auf diese Entwicklung reagieren könnte.

 

Der Heizölpreis im August: ein Blick auf den Eurokurs

Mit der Senkung des Leitzinses läutete die US-Notenbank Fed im August eine Reihe ähnlicher Maßnahmen in anderen Volkswirtschaften ein, die allesamt darauf abzielen, der Konjunktur von Währungsseite auf die Sprünge zu helfen. Denn niedrigere Leitzinsen sorgen für mehr Kauffreude bei Händlern außerhalb des eigenen Währungsraums.

Allerdings sagten die Fed-Verantwortlichen auch klar, dass sie von überhasteten Reaktionen auf die Konjunktursorgen absehen werden.

Anders als gewöhnlich lieferte die Zinssenkung dem Dollar ein Hoch, das für einen Eurotiefststand wie zuletzt im Mai 2017 sorgte. Diese Abwertungstendenz bestimmte den gesamten August.

Denn im Gegensatz zur Fed hat die EZB bei einer ähnlichen Geldpolitik nur Spielraum ins Negative. Das Wörtchen Negativzinsen stand im August ein ums andere Mal deutlich im Raum – und lieferte eher Zündstoff für die Konjunktursorgen.

Die Zuspitzung des Brexit-Problems durch die forcierte Beurlaubung des Parlaments durch Premier Johnson und ambivalente Konjunkturdaten aus allen Volkswirtschaften machten deutlich, dass sich die Eurozone momentan in einer ausnehmend schwierigen Ausgangslage befindet, die sich wohl auch im September kaum auflösen wird.

Der Eurokurs bleibt damit ein ums andere Mal die wichtigste Stellschraube bei der letztendlichen Kalkulation des Heizölpreises. Wie schon im August könnte er die Preiskurve bei Öl auch im September immer wieder deutlich verschieben.

 

Weitere Marktnews im August in Kürze

 

Was im September weiter wichtig bleibt

Der Sommer neigt sich dem Ende zu, die Heizsaison beginnt: In ruhigeren Zeiten markiert der September meist einen klaren Startpunkt für Preissteigerungen bei Öl und Heizöl. Auch wichtige Entscheidungen zur Regulierung des Ölangebots kommen meist ab September.

In diesem Jahr ist alles anders. Von Klarheit ist der Markt weit entfernt, auch wenn mit der Installation der neuen Handelszölle zum September zumindest ein Datum für wegweisende Veränderungen sicher ist.

Ansonsten ist aber alles Weitere fraglich: Wie reagieren die Volkswirtschaften auf die realen Zölle? Zwingen diese Reaktionen die Regierungen zum Umdenken und Handeln? Wenn ja, in welcher Form und in welchem Umfang? Liefert irgendeine Konjunkturbilanz ein klares Signal dafür, wohin sich der Markt entwickelt?

Auch die OPEC, die trotz des saudischen Engagements im August ungewohnt wenig vermeldete, könnte sich im September wieder Gehör verschaffen. In welcher Form dies geschehen wird, steht natürlich ebenso nicht fest.

Aus all diesen Gründen wird es weiterhin keine langfristigen Preisspekulationen geben. Deswegen liefern wir Ihnen tägliche Analysen in unseren Heizölnews und auf unserer Heizölpreisseite. So können Sie sich zeitnah eine eigene Meinung darüber bilden, wann der beste Zeitpunkt für den Heizölkauf ist.

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Ricarda Altrichter - Autorin

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